Ich mag Geräte, die mich davor bewahren, nach dem Take eine Plugin-Parade zu veranstalten. Der Channel One Mk3 verspricht genau das: Preamp, De-Esser, Transient Designer, EQ, One-Knob-Kompressor und ein Hauch Röhre in einem 2-HE-Klotz. Klingt wie "Urlaub für die DAW". Aber: Ich habe ihn trotzdem zurückgeschickt.
Ⅰ. Was sofort überzeugt.
• Preamp & Headroom: Clean bis leicht warm - kein Mumpf, kein Drama. Auch leise Dynamics werden souverän großgezogen.
• De-Esser: Der heimliche Star. Macht "S" zu einem selteneren Tier, ohne Lispeln zu produzieren. Einschalten, fertig.
• Transient Designer: "Attack an/aus" für Erwachsene. Plosive zähmen oder Präsenz kitzeln - mit zwei Reglern. Bei Bedarf auch Raum abdunkeln.
• Mic-A/B-Switch: Speed-Dating für Mikrofone. Ein Knopfdruck statt Kabel-Yoga.
• Drei Ausgänge: Bearbeitetes Signal und Preamp-Direct parallel. Mutig committen und trotzdem ein Sicherheitsnetz? Danke, ja.
Ⅱ. Wo ich die Stirn runzle.
• One-Knob-Kompressor: Klingt gut, arbeitet musikalisch - aber er sagt praktisch: "Lass mich fahren." Wer Attack/Release/Ratio selbst lenken will, bekommt hier Kindersicherung. Und das gefiel mir dann doch nicht so sehr wie ich es mir vorgestellt habe.
• Röhrensättigung: Mehr Gewürzmühle als BBQ-Smoker. Schön als Glanz, aber kein "dicker Vintage-Schinken".
• Kleinkram: Kein Stereo-Link (für Doppel-Units), kein Kopfhörerausgang (wenn man es braucht), und der Instrument-Input wirkt mechanisch nicht ganz Panzerklasse. Aber finde ich alles nicht so wichtig. Vielleicht ein anderer aber. Leider sind nicht alle Knöpfe "notched", un-notched fühlt sich für mich leicht "billig" an.
Ⅲ. Warum zurück?
• Mein Workflow liebt voll kontrollierbare Dynamik und mehr Charakter am Eingang. Der COMk3 macht schnell "fertig", aber ich will oft gezielt Attack/Release fahren und eine deutlichere Färbung bzw. eigentlich auch einen anderen Geschmack. Außerdem erledige ich EQ/De-Ess oft in-the-box oder in der UA Apollo Console. Da war der Mehrwert kleiner als gedacht. Tolle Maschine, nur nicht für meine Art zu arbeiten.
Ⅳ. Für wen er perfekt ist..
Sprecher, Singer-Songwriter und Projektstudios, die latzenzfrei schon beim Tracking einen sauberen, polierten Klang wollen - mit Komfort-Features, die wirklich Zeit sparen. Wer "ein Gerät, ein Take, sendefertig" sucht, landet hier goldrichtig.
Ⅴ. Für wen eher nicht..
Charakter-Jäger (Neve/API/Chandler), Kompressor-Feinmechaniker und Puristen, die nur reines Gain wollen. Hier fühlt sich der Mk3 entweder zu brav oder zu "automatisch" an.
Ⅵ. Kurz gesagt:
Ein ausgezeichnetes All-in-One-Frontend, das Workflow verkauft und abliefert. Für meinen Geschmack zu wenig Hands-on-Kompressor-Kontrolle und zu wenig Mojo - daher retour. Neutral betrachtet bleibt’s ein starkes, modernes Werkzeug.