Wer ein Produkt aus dem Hause Fender in den Händen hält, muss sich darüber im Klaren sein, dass die Preis-/Produktpolitik des Herstellers oft nicht so ganz nachvollziehbar ist. So macht es beispielsweise wenig Sinn, einen Jazz Bass aus der heutigen Zeit unbedingt und auf Teufel komm 'raus mit einem Bass der 60er- oder 70er-Jahre zu vergleichen. Hinzukommt, dass das Klangempfinden eines jeden Einzelnen sehr unterschiedlich ist und eine Instrumentenbewertung - von wenigen Parametern abgesehen - immer eine sehr individuelle Angelegenheit ist.
Ich habe von Fender gleich mehrere Jazz Bässe - darunter auch einen MIM mit Ultra Noiseless Pickups. Dieser Bass hat richtig Pfund, ist dabei glasklar mit seidigen, fein durchgezeichneten Höhen. Das hat man bei passiven Pickups nicht alle Tage. Der Bass klingt sehr modern, wohingegen der gleiche Bass als Fretless und mit den für ihn vorgesehenen Standard-Pickups seinen Jaco-Sound nicht verbergen kann. Und das ist auch gut so! Ferner ist auch ein American Pro II Teil meiner Fender-Familie.
Von der Grundkonstruktion unterscheiden sich diese Bässe - bis auf wenige Kleinigkeiten - nicht. Na gut: Der Pro II hat einen Graphitstab im Hals eingearbeitet: etwas, was mein Status Graphite schon vor 35 Jahren hatte. Aber darüber hinaus: eine High Mass Bridge hier, etwas andere Stimm-Mechaniken... Es sind nur wenige Dinge, die diese Bässe unterscheidbar machen. Alle Hälse sind aus Ahorn, die Fretboards sind unterschiedlich, die Bodys entweder aus Esche, Erle oder Pappel. Bei mir sind sie alle aus Erle.
Nun also dieser Squier.
Ich muss gestehen, dass meine Überraschung immer noch groß ist. Vom Sound her etwas zurückhaltender als der Pro II oder der MIM, was mitunter an dem Korpus aus Pappelholz liegen könnte. Zudem ist das Griffbrett aus Lorbeerholz, was einen nicht unwesentlich Teil des Klangcharakters ausmacht. Er klingt hier eher abgerundet-unaufdringlich, jedoch sehr angenehm, sauber und definiert; in den unteren Mitten mit einer warmen Singstimme. Er hat genau jenes Etwas, was bei zahlreichen anderen Bässen fehlt: Eine ganz charakteristische, hölzerne Grundtonwärme.
Die aktive Elektronik ist der Hammer. Für meinen Geschmack sind die feinen Höhen schon etwas zu stark, und es ist nicht verkehrt, sie etwas abzusenken - aber das ist ganz klar Geschmackssache.
Ich bin seit meines Lebens ein passionierter Daumenspieler, und ich gebe zu, dass dieser Bass es in dieser Disziplin mit allen anderen Bässen locker aufnehmen kann. Eben erst habe ich mit ihm drei Bass-Spuren im Studio eingespielt, und der Sound der Slapping-Spur hat es mir derart angetan, dass ich mich daran gar nicht satt hören kann, so gut klingt er. Ich kann sehr gut nachvollziehen, dass auch andere (Semi-)Profis genau diesen Bass im Studio verwenden. Bei mir wird er ganz klar auch auf der Bühne zum Einsatz kommen.
Dass der Bass bei Anlieferung perfekt eingestellt ist - nun ja, jeder hat so seine eigenen Präferenzen. Bei mir dauert die Grundeinstellung eines neuen Instruments immer etwas länger, unabhängig davon, wo er herkommt. Die Saitenlage ist wie bei allen gut eingestellten Fender-Bässen exzellent, der Bass spielt fast von alleine, die Halseinstellung ist absolut in Ordnung. Hier schnarrt nichts, auch nicht bei der niedrigen Saitenlage von gerade einmal 2,5 - 3 mm im 21. Bund - natürlich in Abhängigkeit von der Anschlagstärke.
Die Lackierung ist ausgezeichnet gelungen, die Verarbeitung unterscheidet grundsätzlich nicht von der meines Pro II. Das Bass-/Treble-Poti ist etwas schwachbrüstig, der Mitteneinrastpunkt ist schwer zu spüren. Das ist aber auch schon alles. Die Stimm-Mechaniken könnten etwas schneller reagieren, arbeiten aber ansonsten präzise, und der Bass hält seine Stimmung. Das kenne ich auch ganz anders...
Der Hals ist rückseitig unbehandelt, sehr glatt geschliffen und - wenn überhaupt - nur sehr sparsam gewachst. Man spürt es kaum, und das unbehandelte Ahornholz vermittelt ein gutes Spielgefühl. Die Bridge ist vintage-Fender. Den Hype, welcher um Fenders neuere High Mass Bridge veranstaltet wird, kann ich nicht nachvollziehen, denn genau diese(!) Bridge-Konstruktion der L-Form hat über Jahrzehnte einen guten Job gemacht und rechtfertigt nicht den um ein Mehrfaches höheren Kaufpreis eines Pro II, Vintera oder Player II; wer diese High Mass Bridge unbedingt haben möchte: Sie kostet noch nicht einmal 40,- EUR.
Die Balance ist gut, der Bass bleibt sehr schön in der Waagerechten, wenn man es möchte. Für mich absolut passend und ideal.
So, und jetzt zum Fazit:
Ein echter Fender Jazz Bass mit einem sehr modernen Sound, welcher sich logischerweise vom klassischen Vintage-Sound deutlich abhebt, was alleine schon der aktiven Elektronik geschuldet ist. Wer unbedingt einen echten 70er-Jahre-Sound haben möchte, möge sich eben einen solchen Bass aus jener Zeit besorgen, aber nicht versuchen, diesen Klang einem aktiven, modernen Jazz Bass zu entlocken. Das führt zu nichts.
Trotzdem ist er ein Jazz Bass, das hört man sofort - aber einer mit einer vornehm-seidigen Durchzeichnung im Sound.
Ich werde ihn nie wieder hergeben, das ist ganz klar.
Was den Preis anbelangt: Verglichen mit anderen Jazz Bässen ist er meiner Meinung nach viel zu preiswert - oder die anderen im Vergleich zu ihm viel zu teuer. Die großen Preisdifferenzen sind durch nichts zu rechtfertigen.